wie baut man eigentlich ein gebrauchsrad?
unbezahlbare tips vom big city bike pimper. also von mir.

 

ein gebrauchsrad ist ein rad, daß weder schnell sein soll noch cool noch komfortabel, sondern ...

hier sehen wir zunächst mein altes gebrauchsrad an dem ich so einiges getestet und gelernt habe. weil ich mich selbst als "i.m. völkerfreundschaft" sehe, habe ich es günstig an einen türkischen bruder verkauft. es lebt daher inzwischen in kreuzberg und läßt schön grüßen.

 

hier mein neues. auf den ersten blick ist es relativ ähnlich, hat aber einen riesen vorteil: 20 zoll räder und einen am rahmen (nicht mehr am lenker) befestigten korb auf halber höhe. das verbessert die fahrstabilität bei schwerer beladung und senkt dadurch die lebensgefahr auf ein normales maß.

 

die aufschriften und glänzenden teile des ursprungsrades (ein "hooligan 3" von cannondale) habe ich mit schwarzem gewebeband überklebt und den stylischen sattel gegen einen alten ausgewechselt. weil der originallenker zu tief war (ich bin 1.90) habe ich einen sehr breiten riserlenker drangeschraubt, der nach oben 7 cm bringt. die originalen glitzergriffe habe ich gegen alte neutrale ausgetauscht. die riesigen auffälligen "disk brake" aufschriften auf den felgen sind mit schwarzem edding übermalt.

 

beide 20 zoll schutzbleche gehen über 180 grad und sind aus metall. sowas gibt es eigentlich weder online noch offline zu kaufen. nirgendwo. ich habe die bleche ganz zufällig im fahrradcenter friedrichshain (nahe warschauer brücke) entdeckt und das sind eigentlich zwei hinterradschutzbleche aus zwei sätzen. die jeweiligen vorderradschutzbleche hatten nur so 100 grad und darum habe ich die auf der stelle entsorgt, denn unter 180 grad taugt nicht. weil die gabel einseitig ist, war es gar nicht so einfach das blech daran zu befestigen. ich habe aber nach längerem nachdenken eine lösung gefunden: einfach aus aluleisten ein T basteln und an den enden ans schutzblech schrauben. das mittlere stück kann man dann mit drei schraubschellen und einem stück gummi an die gabel quetschen. das gummistück ist eine aufgeschnittene gummimuffe, mit der man eigentlich im santitärbereich rohre verbindet. sowas hängt im baumarkt direkt neben den schraubschellen.

 

weil man das vorderrad mit einer einzigen schraube abschrauben kann, habe ich etwa 20 kabelbinder davor verknotet. das wird einen dieb zwar kaum abhalten das vorderrad zu klauen, aber allzu leicht mache ich es da niemandem. mal sehen, unter umständen erhöhe ich demnächst auf 100. beide mäntel sind spikereifen. damit fährt man bei eis und schnee wie auf schienen.

 

ans hintere ende habe ich eine gummischürze (gibts sogar im baumarkt) geschraubt. das hat zwei riesige vorteile: die füße werden bei pfützendurchfahrten nicht naß und es sieht einfach scheiße aus.

 

die gabel ist (genau wie die sattelstütze) mit einer pitlock(.de) schraube gesichert. das ist das runde silberne ding unten im bild. so eine schraube kostet zwar um die 20 euro, aber dafür kann man ganz sicher sein, daß die niemand außer einem selbst in 10 sekunden die ganze gabel ausbaut. im oberen teil des bildes ist zu sehen, wie ich einen alten schutzblechhalter zu einem lampenhalter umkonstruiert habe. die lampe sitzt damit bombenfest am lenker. ganz im gegensatz zur originalhalterung, die bei jedem schagloch verrutscht.

 

um den kettenschutz zu befestigen habe ich ein stück alu zurechtgebogen und am sitzrohr befestigt. damit der rahmen nicht beschädigt wird, sind da vier lagen gewebeband drunter.

 

die krönung des rades ist natürlich die körbchenhalterung. da habe ich etwa eine stunde drüber nachgedacht und sie dann gestern aus einfachen stahlleisten auf einem brett auf meiner spüle geschweißt. schutzgas elektroschweißgeräte sind einfach toll. ganz normale 16 ampere sicherungen lösen nicht aus, wenn man in der küche stahl kocht. die konstruktion ist mit drei aufgeschittenen gummimuffen und drei schraubschellen am rahmen befestigt. das sägen, anpassen und schweißen hat etwa vier stunden gedauert.

 

um die gewichtsbelastung bei beladung des korbes zusätzlich abzufangen habe ich drei starke kabelbinder befestigt, so daß die beiden vorderen den druck nach unten abfangen und die hintere den druck nach oben. die zwei semester mechanik waren also doch nicht ganz umsonst.

 

der korb ist mit kabelbindern an der halterung befestigt und die ecken des korbes habe ich ebenfalls mit kabelbindern verschlossen.

 

die gesamtanmutung aus fahrersicht. im übrigen bin ich der meinung, daß die körbchengröße wichtig ist. meine ist 60Z, wobei das z steht für zentimeter steht. die klingel, die du am linken lenkerrand siehst, ist eine comet beziehungsweise pb-200 von cat eye. die einzig laute klingel, die nicht nach 100 mal klingeln verstummt und bei deren entwicklung jemand länger als 5 minuten nachgedacht hat. wegen der haltbarkeit kann man die auch in keinem mir bekannten fahrradladen kaufen. die comet (pb-200) ist offenbar allen händlern ein dorn im auge. wenn du die also online kaufst, kauf am besten gleich 5 mehr als du brauchst, denn die kannst du fürs doppelte weiterverticken oder selbstlos weiterverschenken.

 

weil die herstellerfirma des basisrades cannondale ist, trägt das neue rad den schön klingenden namen "kanonental". damit das rad perfekt ist, muß es jetzt nur noch so dreckig werden wie mein altes gebrauchsrad ganz oben. damit es keiner haben will, wa. bis es soweit ist (und auch später) wird es mit einer unzerstörbaren bleischweren 100 euro kette gesichert, die immer im körbchen mitfährt und bei unebenheiten lustig auf und ab hüpft. bisheriger hüpfrekord der kette ist lenkerhöhe.

 

nachtrag:

inzwischen habe ich die mittleren beiden reihen spikes mit der spitze eines seitenschneiders entfernt. das verbessert das rollverhalten erheblich und kratzt nicht mehr am fußboden. bei eis und schnee lasse ich dann die luft fast ganz raus, so daß die äußeren zwei spikereihen vollen bodenkontakt kriegen. in allen anderen fällen (frühling, sommer, herbst) fahre ich mit 6 bar luftdruck, so daß die äußeren spikes den boden nicht berühren und der rollwiderstand minimal ist.

 

um nicht immer die kette spannen zu müssen, habe ich noch einen kettenspanner drangebaut. die von mir dazugepuzzleten karosseriescheiben sorgen dafür, daß die kette nicht vom rädchen springt.

 

die karosseriescheiben muß ich allerdings noch durch größere ersetzen. so wie hier bein meinem vorigen gebrauchsrad. die kette hat es nie geschafft da noch rauszuspringen oder ungespannt zu sein. ferner sieht man an dem bild warum öldreck teilediebe effektiv auf distanz hält.

 

nachnachtrag:

ein paar wochen später habe ich das rad noch "boruttisiert". hier der bericht.